Regie: Martin Koolhoven
Böser Prediger....
Der niederländische Regisseur Martin Koolhoven hat sich für seinen
neuen Film "Brimstone" sehr viel Zeit gelassen, denn dessen Vorgänger
"Winter in Wartime" (Original: Oorlogswinter) stammt aus dem Jahr 2008
und war der holländische Beitrag fürs Oscarrennen um den besten
ausländischen Spielfilm. Mit "Brimstone" hat er sich ins Westerngenre
hineingewagt, er bereichert aber diese Filmgattung mit einem sehr
besonderen "feministischen" Westernfilm, der das Leben der europäischen
Immigranten im neuen Land zum Thema nimmt. Und auch deren
fundamentalistischen Glauben - nicht nur in der Gestalt des völlig
fiesen Reverend (Guy Pearce), der sichtlich dem falschen Priester und
Psychopathen Harry Powell aus Charles Laughtons Meisterwerk "Die Nacht
des Jägers" nachempfunden ist. Am deutlichsten wird dies in zwei Szenen,
die fast schon 1:1 dem Original nachempfunden sind. Auf der Flucht von
Liz (Dakota Fanning) mit ihrem Adoptivsohn Matthew (Jack Hollington) und
Töchterchen Sam (Ivy George) fällt der Satz "Gibt er denn nie auf ?"
gerade in dem Moment als die Flüchtenden wieder den Gesang des
Priesters, der sie verfolgt, in der Ferne hören. Eine andere Szene zeigt
Liz auf der Veranda im Schaukelstuhl, bewaffnet mit der Knarre - in
"Die Nacht des Jägers" war es Lilian Gish, die vom Regisseur so in Szene
gesetzt wurde. Und dieser Mann Gottes ist tatsächlich die Ausgeburt der
Hölle - er spricht ja selbst davon, dass er der reißende Wolf ist, der
im Schafspelz auftaucht. Tatsächlich ist "Brimstone" ein sehr
interessanter Genrebeitrag, ein Western, der lediglich in der Optik des
Westerns gemacht ist, aber ansonsten mehr Thriller und Rachefilm ist.
Aufgebaut ist "Brimstone" in vier Kapitel, die ihrerseits auch wieder sehr eigenwillig angeordnet sind.
Der erste Part "Offenbarung" zeigt Liz, die auch als Hebamme ihr
Geld verdient, als stumme Ehefrau des Farmers Eli (William Houston) im
Sonntagsgottesdienst, den der neue Priester (Guy Pearce) abhält. Liz
erzittert beim Anblick des Geistlichen als wenn der leibhaftige Teufel
aufgetaucht wäre. Als der Mann Gottes eine Schwangere begrüßt und diese
berührt, bekommt sie Ängste. Und tatsächlich wird sie nach dem
Gottesdienst noch als Geburtshelferin fungieren müssen, denn die Frau
bekommt in der Kirche ihre Wehen. Doch die Geburt erweist sich als
gefährlich und so entschließt sich Liz eher die Frau zu retten als das
Neugeborene. Der Vater des toten Kindes ist ausser sich vor Wut und
schießt ein paar Tage später ins Fenster des Schlafzimmers von Eli und
Liz. Der Priester kommt zur Hilfe und kann den Aufgebrachten beruhigen,
doch er kommt um Liz zu bestrafen, wie er sich in einem kurzen Moment
äussert, als er allleine mit der stummen Liz ist. Doch es kommt noch
schlimmer: Er droht der kleinen Sam was anzutun und sticht die Schafe
von Matthew alle ab. Als er auch noch Eli meuchelt, flüchtet Liz mit den
Kindern und der 2. Teil Exodus wird gezeigt: Hier wird die 13jährige
Joanna (Emilia Jones) von einer chinesischen Familie gefunden und an ein
Hurenhaus verkauft wird, dass von Frank (Paul Anderson) geleitet wird.
Die Frauen haben kein gutes Leben. Als eine ältere Prostutierte der
jungen Joanna bei einem Freier beistehen will, kommt es zum äussersten -
sie erschießt den aggressiven Kunden und wird natürlich aufgehängt. Die
Jahre vergehen - die kleine Joanna entpuppt sich als Liz aus dem ersten
Kapitel. Sie arbeitet inzwischen in dem Etablissement. Der Ungehorsam
der Prostituierten Elizabeth (Carla Juri) wird bestraft, indem man ihr
die Zunge herausschneidet. Bald taucht in der Stadt ein Freier auf, der
für eine Nacht alle Frauen auf einmal mietet - es ist der Reverend und
wieder kann Joanna/Liz entkommen und die Flucht einschlagen. Kapitel 3
ist die Rückblende dieser Rückblende und zeigt die erste Zeit im neuen
Land einer niederländischen Familie. Das Familienoberhaupt, der Vater
ist Reverend und nicht glücklich mit seiner Frau Anna (Carice van
Houten), die wenig Spass an den ehelichen Freuden hat. So hat der Mann
Gottes in seinem kranken Gehirn bereits seine Tochter Joanna als
Ehepartnerin auserkoren. Als die Eltern in der Stadt sind, wo der
Reverend seiner ungehorsamen Frau eine Schandmaske anlegt, tauchen zwei
Verletzte Halunken auf der Farm auf. Das junge Mädchen verarztet die
Männer und versteckt sie im Schweinestall. Dann will der fiese Vater den
Geschlechtsakt mit seiner Tochter vollziehen - es gelingt dem Mädchen
die Flucht . Im 4. Kapitel wird die Flucht vom ersten Teil fortgesetzt.
Es kommt dabei zum Showdown zwischen Vater und Tochter...
Martin Koohhovens Film ist sehr düster und grimmig und ich glaube
es hätte dem Film generell gut getan, wenn der Regisseur etwas subtiler
vorgegangen wäre. So reiht sich eine drastische Szene nach der anderen -
dreimal gibts drastische Erhängungen zu sehen, einige explizit gezeigte
Kopfschüsse, das Mädchen muss ein Schwein erschießen, ein blutiges
totes Pferd liegt in der Einöde, den Schafen wurden brutal die
Eingeweide entfernt und und und.
Hier wäre meines Erachtens weniger viel mehr gewesen. Denn die
Story hätte auch gut ohne soviel drastische Szenen funktioniert. Der
größte Pluspunkt von Koohlhovens Film ist für mich die Neuentdeckung
Emilia Jones, die die 13jährige Joanna unheimlich gut spielt. Auch
Dakota Fanning überzeugt in der Rolle der stummen Frau mit ihren vielen
Geheimnissen. Guy Pearce in der Fußstapfen von Robert Mitchum. Die Rolle
ist durchweg böse, da gibts kein Schwarz-Weiß und die Bosheit lässt
auch keine Schattierungen zu. Somit auch hier irgendwie zu offensichlich
und grobschlächtig konzipiert. Dennoch und trotz der Verweise auf ein
überlebensgroßes Vorbild ist dem Holländer ein sehr interessanter Film
gelungen, der auch kameratechnisch keine Wünsche offen lässt:
Chefkameramann Rogier Stoffers stammt ebenfalls aus Holland und machte
die Cinematographie der Filme "Der Mongole", "Disturbia" und "Quills".
Für "Der Mongole" erhielt er bereits den europäischen Filmpreis. Diesen
Preis bekam auch "Brimstone" - allerdings in der Kategorie bestes
Maskenbild, für das Leendert van Nimwegen ausgezeichnet wurde.
Bewertung: 7 von 10 Punkten.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen