Mittwoch, 18. Juni 2025

Tschetan, der Indianerjunge


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Regie: Hark Bohm

In den Bergen von Montana.... 

Am 18. April 1971 unterzeichneten dreizehn Filmemacher in München die Gründungsurkungen des Filmverlags der Autroen. Es waren Hark Bohm, Michael Fengler, Peter Lilienthal, Hans Noever, Pete Ariel, Uwe Brandner, Veith von Fürstenberg, Florian Furtwängler, Thomas Schamoni, Laurens Straub, Volkver Vogeler, Wim Wenders und Hans W. Geissendörfer. 
Grund war die Finanzierung und den Vertrieb unabhängiger Filme deutscher Autorenfilmer zu unterstützen, die dafür bekannt sind, überwiegend eigene Drehbücher zu adaptieren.  Viele Regisseure des Neuen Deutschen Films, die als "Flaggschiff“ bezeichnet wurden, waren mit dem Filmverlag der Autoren verbunden, darunter Werner Herzog, Rainer Werner Fassbinder, Percy Adlon und Alexander Kluge, deren Filme von dem Unternehmen produziert und vertrieben wurden. Viele von ihnen waren Mitglieder des Vorstands des Filmverlags. Die Gründung des Filmverlags war das Ergebnis wiederkehrender Schwierigkeiten der Regisseure bei der Finanzierung ihrer politisch und ästhetisch anspruchsvollen Filme. Sie hatten das Gefühl, dass die üblichen Finanzierungswege im etablierten System, das teils kommerziell orientiert, teils staatlich finanziert war, zu einschränkend waren, ihnen wenig Kontrolle über ihre eigene Arbeit ließen oder einfach keine so anspruchsvollen Aufgabenstellungen zuließen, wie sie sie sich vorstellten. Deshalb gründeten sie den Filmverlag als unabhängigen Verein, um die vollständige Kontrolle über ihre Projekte zu haben, von der Finanzierung über Vorproduktion, Produktion, Postproduktion bis hin zum Vertrieb. Das Vorbild, nach dem die Gründer des Filmverlags ihren Verein gestalteten, war der Verlag der Autoren in Frankfurt, ein unabhängiger Zusammenschluss von Bühnenautoren, die ihre eigenen Werke veröffentlichten. Der erste vom Filmverlag der Autoren produzierte Film war "Furchtlose Flieger" von Veith von Fürstenberg und Martin Müller. In den 1970er Jahren genossen die vom Filmverlag veröffentlichten Filme ein hohes Ansehen bei Kritikern und Intellektuellen, doch der Verein stand oft am Rande des Bankrotts. Zu den bemerkenswerten Produktionen dieser Ära zählten Herzogs "Aguirre, der Zorn Gottes" (1972), "Das Rätsel des Kaspar Hauser" (1974), Wenders' "Die Angst des Torwarts vor dem Elfmeter" (1972), "Alice in den Städten" (1974), "Im Lauf der Zeit"(1976), "Der amerikanische Freund" (1977), Fassbinders "Der Händler der vier Jahreszeiten" (1971), "Die bitteren Tränen der Petra von Kant" (1972), "Angst essen Seele auf" (1974) oder auch das Gemeinschaftswerk Deutschland im Herbst (1977/78) über die Reaktion der deutschen Gesellschaft auf den Terrorismus der Roten Armee Fraktion und die staatlichen Gegenmaßnahmen während der Ereignisse des Deutschen Herbsts 1977. Auch Hark Bohms beste Filme "Nordsee ist Mordsee" oder "Tschetan, der Indianerjunge" wurden so realisiert.  In beiden Filmen spielt Dschinghis Bowakow, der Ziehsohn von Hark Bohm, eine der Hauptrollen. Mit "Tschetan, der Indianerjunge" wurde ein äusserst interessanter Beitrag zum klassischen Westerngenre inszeniert, der völlig eigenständig und ganz ohne Vorbilder prächtig funktioniert. Der Regisseur inszeniert ruhig und langsam, er baut aber dafür kontinuierlich eine gewisse Tiefe auf. Zusammengehalten wird die Geschichte durch einen konsequenten Inszenierungstil und durch die guten Darstellerleistung des jungen Dschinghis Bowakow und Bohms zwei Jahre jüngeren Bruder Marquard, der den Schäfer Alaska alias Jacob Brecht spielt. Gedreht wurde in Bayern, die Geschichte selbst spielt um 1880 in den Bergen von Montana. In dieser Zeit wandern sehr viele Deutsche in das neue Land aus. So auch der Schäfer Jacob. Er zieht mit seinen Schafen und seinen Hunden durch das Land. Bald wird der Winter das Wandern nicht mehr möglich machen und so hat er einen Platz zum Überwindern für seine Herde gesucht und gefunden. Dieser Platz an einem See liegt auch in der Nähe der Ranch von Rinderzüchter Ben Johnson (Willy Schultes), der zwei Söhne im Teenageralter (Erich Dolz, Edy Hendorfer) hat. Dieser jagt nach Viehdieben und hat einen Indianerjungen (Bowakow) gefangengenommen. Der soll seine gerechte Strafe bekommen und ausserdem missfallen dem Rancher die lagernden Schafe am Fluß. Er behauptet dies wäre sein Land und der Schäfer soll bloß bis zum Winterbeginn hier verschwinden. Doch stattdessen befreit Alaska - so nennt man den Schäfer - den Jungen aus der Hand des selbstgerechten Ranchers. Was zunächst so aussieht, dass er damit eine billige Arbeitskraft bekommen hätte, verändert sich im Laufe der Zeit. Die beiden nähern sich an und so entsteht gegenseitiger Respekt bis hin zur Freundschaft... 


Naürlich hat der Rancher etwas dagegen, weil er keine Indianer duldet und auf dem Höhepunkt des atmosphärisch sehr gut gelungenen Films geht er mit seinen beiden Söhnen rigoros gegen die beiden Eindringlinge vor. Bohm hat den Western mit einer Coming of Age Story verknüpft und für die stimmungsvollen Kamerabilder war Michael Ballhaus verantwortlich. Für mich einer der ungewöhnlichsten und auch schönsten Eurowestern überhaupt. 
 

Bewertung: 8,5 von 10 Punkten. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen